Traders Magazin_02_2023

104 PEOPLE „Das Grundproblem besteht darin, dass man den Backtest-Ergebnissen nie ganz vertrauen kann.“ TRADERS´: Nutzen manche Trader auch ein Portfolio einzelner Strategien, die sich gegenseitig ergänzen? Lotter: Ja, sogar relativ oft. Und dieser Ansatz funktioniert gut. Das ist auch zu erwarten, wenn mehrere für sich genommen profitable Strategien kombiniert werden, die mehr oder weniger unkorreliert zueinander sind und/ oder auf verschiedene Zeithorizonte abzielen. Allerdings muss ein solches Portfolio an Strategien auch immer wieder überprüft und angepasst werden. Zum Beispiel wenn eine der enthaltenen Strategien nicht mehr funktioniert. TRADERS´: Wie können Trader erkennen, ob die Verluste nur vorübergehend sind? Lotter: Das ist eine wichtige Frage. Mehrere Gründe können dazu führen, dass eine Strategie am Anfang Geld verliert. Sie kann bereits veraltet sein, da die zugrunde liegende Ineffizienz am Markt verschwunden ist. Oder das System ist wertlos und der Test wurde durch eine Verzerrung verfälscht, die alle Realitätschecks überlebt hat. Oder es handelt sich um einen ganz normalen Drawdown einer ansonsten profitablen Strategie, den man einfach aussitzen muss. In letzterem Fall ist der Drawdown der Grund, warum man überhaupt ein gewisses Anfangskapital für den Handel benötigt, abgesehen von den Marginanforderungen und zur Deckung der Handelskosten. Das Grundproblem besteht aber darin, dass man den Backtestergebnissen nie ganz vertrauen kann. Die einfachste klassische Methode, um die laufende Funktionsfähigkeit einer Handelsstrategie einzuschätzen, basiert aber auf dem maximalen Drawdown. Dazu setzen Sie den aktuellen Drawdown in Relation zum Testzeitraum und berücksichtigen dabei auch dessen Dauer sowie die Länge des Zeithorizonts. Doch diese Methode hat einen Haken: Es ist ein spätes und ungenaues Signal. TRADERS´: Gibt es noch andere Möglichkeiten? Lotter: Um herauszufinden, ob man eine Strategie sofort stoppen sollte, berechnen wir die Abweichung der aktuellen Livehandelssituation vom Verhalten der Strategie im Backtest. Dafür verwenden wir nicht den maximalen Drawdown, sondern die Backtestkapitalkurve. Das Ergebnis ist der sogenannte „Cold Blood Index“, der die Ähnlichkeit der Livesituation mit dem Backtest abgleicht und einen Wahrscheinlichkeitswert dafür angibt, ob alles noch im Rahmen der historischen Erwartung liegt. Solange der Drawdown demnach als statistisch erwartbar gilt, sollte die Strategie weiter betrieben werden. Wenn die Abweichungen dagegen einen gewissen Grenzwert überschreiten, kann man schlussfolgern, dass die Strategie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr funktioniert.t hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr funktioniert. TRADERS´: Können Trader Ihre Plattform auch selbst zum Handel nutzen? Lotter: Die Zorro-Plattform ist frei verfügbar für die Entwicklung, den Demobetrieb und die Liveumsetzung von Handelssignalen, sowohl halb- als auch vollautomatisch. Sie beinhaltet auch viele vorgefertigte Skripte, etwa für die TRADERS´ 02.2023 Dargestellt ist die Anwendung des MMI auf eine synthetische Preiskurve, die zunächst seitwärts verläuft (schwarz) und dann mit zusätzlichem Trend (blau). Das Beispiel zeigt deutlich, wie der MMI bei bestehendem Kurstrend fällt. Quelle: https://financial-hacker.com B4 Market Meanness Index (MMI)

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