Traders Magazin_02_2023

COVERSTORY Jens Klatt arbeitet als Trader, Coach und Vermögensverwalter. Beim Daytrading spezialisierte er sich auf den Aktienhandel. Er ist Autor des Buches „Trader – Der Weg zur profitablen Handelsstrategie“ und er betreibt die Webseite: jk-trading.com TRADERS´: Die meisten Daytrader nutzen mehrere Handelsansätze. Welcher Hauptansatz ist deiner? Jens Klatt: Ich handle „heiße“ Aktien, die bereits vorbörslich – ausgehend von einem fundamentalen Katalysator wie einem Quartalsbericht – in den Fokus der Marktteilnehmer gerückt sind. Ich schaue dabei auf das Verhältnis des durchschnittlich gehandelten Tagesvolumens zum vorbörslichen Volumen. Sobald das vorbörsliche Volumen auffällig hoch ist, weiß ich, dass die Aktie Feuer haben kann. Sobald ich eine Aktie identifiziert habe, positioniere ich mich, ausgehend von charttechnischen Kriterien, an signifikanten Levels. Idealerweise ist das auch die Richtung des fundamentalen Katalysators. Sobald mein definiertes Kurslevel überschritten wird, kann ich das kurzfristige Momentum der Aktie mitnehmen. TRADERS´: Würdest du dich eher als diskretionären oder als Systemtrader bezeichnen? Jens Klatt: In Bezug auf mein US-Aktien-Trading ist mein Handelsansatz klar diskretionär. Trotzdem gibt es bei mir systematische Elemente, denn die technischen Hilfsmittel und die standardmäßige Suche nach dem notwendigen Kursmomentum sind immer gleich. TRADERS´: Wie viele Trades handelst du im Durchschnitt pro Monat? Jens Klatt: Zwischen 30 und 40. Tatsächlich habe ich, ausgehend von meinem Trading, festgestellt, dass ich bei mehr als drei Trades pro Tag „unsauber“ werde. In der Tat laufen jene Trades, die substanziell zu meiner Performance beitragen, schon beim zweiten Versuch an. Rechnerisch gibt es bei rund 22 Handelstagen im Monat dann um die 45 Trades oder weniger. TRADERS´: Wie hoch ist deine typische Haltedauer bei einer Position? Jens Klatt: An Tagen mit einer positiven PnL (Profit and Loss) beträgt die durchschnittliche Haltedauer meiner Gewinntrades etwa zwei Stunden, die meiner Verlusttrades drei Minuten. An Tagen mit negativer PnL beträgt die durchschnittliche Haltedauer meiner Gewinntrades 25 Minuten, die meiner Verlusttrades 37 Minuten. Das gibt ein klares Feedback auf mein Trading: Die erstklassigen Trades funktionieren sofort. Im Gegensatz dazu werde ich mit zunehmender Dauer eines Trades schon misstrauisch, weil sich die Wahrscheinlichkeit eines Fehltrades erhöht. TRADERS´: Welche Märkte bevorzugst du und mit welchen Handelsinstrumenten handelst du? Jens Klatt: Ich schaue auf US-Aktien; hier trade ich die Aktien direkt. Manchmal gibt es auch die Situation, dass ich CFDs einsetze, wenn es in der physischen Aktie eine Short-Restriktion gibt. TRADERS´: Was hältst du für den größten Fehler von Daytradern? Jens Klatt: Schwache Daytrader haben oft keine klar definierte erfolgversprechende Handelsstrategie. Das führt zu Folgeproblemen wie unpassendem Risiko- und Money-Management. Das Ergebnis: Gewinner werden zu früh und Verluste zu spät realisiert. TRADERS´: Hast du einen Lieblingsindikator, den du immer beobachtest? Jens Klatt: Ja, mein Lieblingsindikator, den ich immer im Chart einrichte, ist der volumengewichtete Durchschnittspreis (VWAP). Er hilft mir bei der Vorteilsidentifikation und zudem gibt er mir einen Eindruck von der Psychologie des Marktes. Liegt zum Beispiel der Kurs unter dem VWAP, dann liegt das Gros der Marktteilnehmer wahrscheinlich unter Wasser. Manchmal ergibt sich daraus sogar ein Short-Squeeze, weil bestehende Positionen eingedeckt werden müssen. Darüber 46 TRADERS´ 02.2023

RkJQdWJsaXNoZXIy NTc0NjM=