Traders Magazin_02_2023

101 TRADERS´: Das ist erstaunlich. Was ist die Ursache für die hohe Fehlerquote? Lotter: Das Problem ist, dass man in einem Backtest selten ein Nullergebnis erhält. Eine rein zufällige Handelsstrategie wird in 50 Prozent der Fälle ein negatives und in den anderen 50 Prozent ein positives Ergebnis liefern. Aber wenn das Ergebnis negativ ist, wird oft versucht, den Code zu optimieren, Märkte zu variieren oder andere Zeithorizonte auszuwählen, bis das Ergebnis schließlich passt. Irgendwelche dieser zufälligen Änderungen bringen also einen ebenso zufällig besseren Backtest. Deshalb gibt es so viele unrentable Strategien, die im Backtest dennoch sehr gut abschneiden. TRADERS´: Können Sie dieses Problem entschärfen? Lotter: Weitgehend ja. Dazu wenden wir Methoden zur Überprüfung der Backtestergebnisse an, die wir als Realitätscheck bezeichnen. Ein Beispiel ist der Monte-Carlo-Reality-Check, der kurzfristige Preiskorrelationen und Marktineffizienzen entfernt, aber den langfristigen Trend beibehält. Vereinfacht gesagt werden die Kursdaten bei dieser Methode verwirbelt und wieder neu zusammengesetzt. So ergibt sich eine neue, künstliche Datenreihe, die sozusagen zusammengewürfelt wurde. Dann vergleichen wir unser ursprüngliches Backtestergebnis mit den randomisierten Ergebnissen. Daraus ergibt sich ein p-Wert, also eine Kennzahl für die Wahrscheinlichkeit, dass unser Testergebnis ein Zufallsprodukt ist. Je niedriger der p-Wert, desto mehr Vertrauen können wir in das Backtestergebnis haben. In der Statistik gilt ein Ergebnis normalerweise als signifikant, wenn der p-Wert unter fünf Prozent liegt. Funktioniert die Strategie auf den verwirbelten Daten immer noch statistisch signifikant besser als der Zufall, wird sie wahrscheinlich auch im späteren Praxiseinsatz profitabel sein – zumindest solange sich die Marktstruktur nicht komplett verändert. Ein Restrisiko bleibt also immer. Um statistische Einschätzungen treffen zu können, wird die beschriebene Simulation sehr oft wiederholt, in der Regel tausendmal, um anhand der sich ergebenden Verteilungen konkrete Aussagen abzuleiten. TRADERS´: Können Sie uns ein Beispiel geben, welche Strategien nicht gut funktionieren? Lotter: Ein wichtiger Aspekt ist der Zeithorizont, ganz unabhängig vom gewählten Markt. Unterhalb von 1-Stunden-Kerzen, besonders unterhalb von 30-Minuten-Kerzen wird es sehr schwierig, da funktioniert erfahrungsgemäß fast nichts. In diesem Bereich ist einfach das Rauschen zu hoch – also der Zufall gegenüber dem enthaltenen Signal –, sodass sich das Signal kaum noch verlässlich identifizieren lässt. Interessant ist aber, dass sich das Ganze im Hochfrequenzbereich wieder ändert, also bei Zeithorizonten unterhalb einer Sekunde. Hier sind durchaus wieder profitable Ansätze möglich, aber dabei kommt PEOPLE „Unterhalb von 30-Minuten-Kerzen ist das Rauschen zu hoch.“ Die Grafik zeigt den Monte-Carlo-Reality-Check einer Trendfolgestrategie, die mit hoher Wahrscheinlichkeit wirklich funktioniert. Die x-Achse zeigt dabei den Profitfaktor, die y-Achse die entsprechenden Häufigkeiten. Bei 1000 Simulationen war die getestete Strategie (schwarzer Balken) statistisch signifikant profitabel. Quelle: https://financial-hacker.com B2 Monte Carlo Reality Check TRADERS´ 02.2023

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